wie Raum funktioniert
                         it's the space, stupid                                                                                                                                         ein Entwurfswerkzeug



Inhaltsangabe

Einleitung work in progress
Elementare Raumerfahrungen:
           Genius Loci All 
           Genius Loci Erde 
           Organisches Raumgefüge
Versuch der Zusammenfassung aller drei


Einleitung

Als Entwerfer öffentlicher Gebäude kann man die im Studium gelernte Umsetzung größerer Raumprogramme im städtebaulichen Kontext fortführen. Lediglich der Maßstab eskaliert letztendlich zum 1:1. Die Abstimmung mit den technischen Gewerken, der Stadtplanung und den Bauherren zwingt zu einem bewussten, vermittelbaren Gestaltungsprozess in Form des Konzepts. Das sich bewusst machen der Gestaltungsschritte in einem konsequenten Ausleseprozess, führt zum bewusst werden moderner Entwurfsziele überhaupt. Diese lassen sich zu einem Konzept des Konzepts extrahieren. 

Durch ein vorheriges Bildhauerstudium gerät dieses extrem räumlich. Architektonische Lösungen sind immer nur räumlich. Beim Aktmodellieren im Kunststudium vollziehen Studenten oft den Übergang vom körperlichen zum räumlichen Selbstverständnis, der Abstraktion, an der Plastik und damit an sich selbst. In Modellierton eine Art persönlich körperlicher Dekonstruktion. 
Bei dem Übergang von der Bildhauerei zur Architektur gerät man zudem zwischen die Stühle. Selbst Grundrisszeichnungen tendierten so zu räumlicher Tiefe. Alle Entwürfe werden zur Plastik und geraten so gnadenlos räumlich. Man kommt durch die Plastik statt durch den Grundriss zum Raum.


Wann wird die Moderne endlich unmodern? Seit gut einem Jahrhundert führt die Entwicklung im Kreis. Versuche ihrer Überwindung, entlarven sich immer wieder als Frevel an ihrem Ideal. Sie bleibt der Topos sich makellos zu positionieren, ist unfähig zu altern. So reiht sich auch die gegenwärtige globale Architektengeneration ein, als wäre die Zeit stehengeblieben, ein Paradox.
Moderne ist so ihrer Dauer nach eine Epoche, kein Stil oder eine Mode. Deshalb muss sie ganz elementar gründen. Diese allumfassende Einigkeit von Künstlern und Architekten zielt auf den Raum an sich, in dem sich der moderne Mensch erkennt.

Moderne will Raum, nur Raum, selbst Raum

Aus dieser intuitiv erkannten These entwickele ich seit 2016 auf der Grundlage eigener Entwurfserfahrung und elementarer Raumerfahrungen eine Vorstellung vom Raum, wie Raum funktioniert.
Das Aufdecken dieser unbewussten Zielrichtung führt zu einem bewussteren Umgang mit den gestalterischen Möglichkeiten und wirkt überraschenderweise wie ein Booster. Der Reichtum ihrer noch nicht ausgeschöpften Möglichkeiten hält die Moderne jung.
Von diesem neu gewonnen Standpunkt aus entfaltet sich das ganze Wollen der Moderne bis hin zu ihren Anfängen in der Malerei und der Bildhauerei. Er findet seine Wurzeln in dem Bestreben der Gotik und des Barock. Ja was wir Architektur nennen ist reine Raumkunst. Und das ist gemeint mit der alle Künste einenden Architektur, dem Gesamtkunstwerk

Raum ist das Gemeinsame,

nicht nur zwischenmenschlich sozial, sondern auch zwischen Malerei, Bildhauerei und Architektur, wie etwa schon im Barock. In diesem Sinne ein Vorläufer der Moderne.

Raum ändert den Subjektbegriff und ist damit ein Bewusst werden. Genau das ist die Vorstellung der Moderne vom neuen Menschen. Sie findet ihre Wurzeln in der mittelalterlichen Mystik des eins Werdens, ist somit hoch emotional, sowie in der buddhistischen Leere. Andererseits ist sie hoch intellektuell im dialektischen Fortschreiten. Sie verbindet Intellektualität und Emotionalität zu Intuition oder Kopfgefühl. Räumlich-plastisches Bewusstsein schließt das Ich mit ein. Deswegen der reflexive Schritt vom "Alles" zum "Selbst" die füreinander stehen.
Das intuitive Auffinden dieser Zusammenhänge ist selbst ein Entwurfsvorgang hin zu einem noch elementareren Konzept als Entwurfsansatz. Insofern nur ein weiterer, konsequenter Konzeptschritt hin zu einer Metaarchitektur. Zum Konzept des Konzepts in dem was Architekten machen.
Meine bisherigen Aufzeichnungen von etwa 200 Seiten zeichnen den Erkenntnisweg nach. Eine Überredung zum Raum in Form von Aphorismen. Daneben versuche ich im Baunetz-Blog unter meinem Kürzel "ARCseyler" diese Erkenntnisse praktisch anzuwenden und verständlich zu machen. Siehe im Baunetzarchiv unter: https://www.baunetz.de/meldungen/archiv/index.html
Themenverwandte eigene Aufsätze zu Architektur und Kunst werden auch verlinkt werden.

 Als work in progress soll hier ein Buch entstehen. Letzte Hinzufügungen sind immer farblich markiert. Verwandte Bestrebungen bitte ich mir mitzuteilen. Gleichgesinnte sind willkommen.

Mal sehen wo der Erkenntnisprozess noch hinführt, der so intuitiv offen ist wie ein Gestaltungsprozess und darüber hinaus eine Bewusstseinsgestaltung.

Raum ist hier einfach die Neutralisierung, die Reinigung des eigenen Standpunkts, um kreative Distanz, den Perspektivwechsel vom Raum her zu erreichen. Sozusagen der Punkt, um die Welt aus den Angeln zu heben. Eine Welt nicht durch die körperliche Brille, die Gebrauchswahrnehmung. Eine Neutralisierung von Körper, Schwerkraft und Gegenstand, um diese handhabbar zu machen. 

Moderne ist der körperlichen Welt entfremdet und dadurch entgrenzt.

Raum ist immer innen, letztendlich „im“ All, unserem umfassendsten Genius loci. Von hier fügt sich alles, über die Schwerkraft bis hinunter zur Architektur. Dieses Bewusstsein will Architektur vermitteln. Doch zunächst muss sich das der Architekt selbst bewusst werden.
Architekten als Raumpriester, um auch diese Weiterung auszuloten und das dreidimensionale, räumliche Denken aus der Bildhauerei für die Architektur zu erschließen.

Architektur als Raumkunst, Raumkultur, als Raumkult

Das kompromisslos räumliche Denken als entgrenztes Denken, behutsam entwickelt als Mittel zum Zweck.
Raum ist ein bewusst werden, das jeden Architekten und Künstler in seinen Möglichkeiten erweitert. Insofern sollte ein solches Training zum Perspektivwechsel Teil der Grundlehre im Studium sein.
Die heutige Ausbildung führt vom Haus über den Städtebau zur Landschaft immer zum  nächstgrößeren Maßstab. Umgekehrt wird etwa ein Haus aus dem Städtebau seinem Genius loci, also vom nächstgrößeren zum kleineren Maßstab entworfen, von außen nach innen. In dieser Eskalation folgt darüber die Schwerkraft der Erde und das entgrenzte All als unserem letztendlichem Genius loci.

„Im Schaffen Götter, im Erkennen Schafe“ Scharoun. Dieser genialisch dilettierende Ansatz der modernen bildenden Künste und der Architektur, ganz im Gegensatz zur handwerklich einübend reproduzierenden Musik, wird hierdurch überschritten, hin zu einer aufgeklärten Moderne. Fast ein Verrat. Die Angst vor dem Erwachen aus dem unbewussten Schaffensansatz ist jedoch unbegründet. Vielmehr erweitert sich dieser Ansatz um das sich selbst Bewusst werden, enthemmt, wirkt wie ein Treibsatz zu erweiterten Möglichkeiten.

 

Elementare Raumerfahrungen

Alle drei hier abgehandelten Raumerfahrungen kennt auch der Buddhismus:

Das Einswerden mit dem All                       -  ich bin Raum

Die Überwindung der Schwerkraft            -  alles hängt

Das organische Gefüge                                  -  der Weg ist das Ziel


Eins werden mit dem All


Wie Giordano Bruno (1548-1600) einswerden mit der Unendlichkeit, die man bisweilen verspürt, wenn man über sich nichts als den Himmel und die Sterne hat. Das Schwarze zwischen den Sternen hindurch immer weiter.
Diese elementare Raumerfahrung etwa unter dem nächtlichen Wüstenhimmel, als "kleiner Prinz" 2.0.


unter den Sternen                                  da ist das All      ^

im Rund der Milchstraße                      ich bin im All    (     )

alleine                                                       ich bin All        <   >


 

vertikale Schwimmbewegung in den Raum

Sprung in den Raum. Kopf vor


         durch die Sterne  -  zum All  -  als Bewusstsein

 

       durch Architektur  -  zum Raum  -  als Bewusstsein


In diesem Dreischritt nimmt der Raum von uns Besitz. Vom objektiven Dort über das Im zum subjektiven Ich bin.

 

In Schüben wurde diese wissenschaftliche Erkenntnis zu Bewusstsein und Ausdruck in der Kunst und der Architektur. Von der Geometrie der Renaissance, über den offenen Himmel des Barockzeitalters bis zur Gegenstandslosigkeit der Moderne.

Moderne will Raum, nur Raum, selbst Raum.

Diese räumliche Entgrenzung und Expansion verändert das Verhältnis zu uns selbst, über das euphorische barocke Schweben, hin zum modernen entkörperlichten Subjekt. Dem entspricht eine zunehmende Vergeistigung unserer Tätigkeiten, weg vom Handwerk. Ein Umzug unseres Bewusstseins vom Körper in den Kopf, den Intellekt, dem auch das Bauchgefühl folgt. Emotionalität befreit sich physisch, wird maßloser, schneller umschlagend wie das Wetter, das ja auch in der intellektuellen Sphäre des Luftraums angesiedelt ist. Das Denken entgrenzt sich zu Intuition, zur Euphorie.
Durch die räumliche Expansion seines Bewusstseins entmaterialisiert sich das Subjekt zur Perspektive.
Mystisches Einswerden als individuelle Glaubenserfahrung kannte das Mittelalter. Der Buddhismus verräumlicht das Bewusstsein zu Leere. Eine ähnliche Loslösung bewirkt die aufeinanderfolgende Vorstellung:

die Welt ohne mich,
die Welt als ich.
Die Entgrenzung zum "ich bin All" im dritten Bewusstseinsschritt reduziert uns unmittelbar merklich um das Körperliche. Alles wird Eigenschaft, rot, grün, laut, leise, hell, dunkel. Aus Leben wird Er-leben. Das ist der Preis. Diese Art der Abstraktion ist ein nicht mehr anders Wollen, aber auch ein nicht mehr anders Können. Geistiges Bewusstsein ist sensorisches Leben, Darstellung, Simulation. Ein Leben instrumental, per Steuerung, Web.


Schwerkraft

 

Der thailändische Buddha, an dessen Schopf der Kopf, der Rumpf und darunter die Erdkugel zu hängen scheint.

-o<(
Alles hängt und verräumlicht sich so.
Raum hängt, weil Körper steht.Der irdische Raum ist geprägt durch die Schwerkraft, oben der Luftraum und unten der Boden.Im Übergang gestaltet Architektur aus Erdmaterial von unten aufwärts unseren Luftraum, der so von oben herab sich aufgliedert, von oben kommt, herabhängt. Die Erdoberfläche trennt Masse vom Raum. Wir werden so Teil des Raums.

Hängend gestaltet wird aus dem Stehen Schweben

 


Am Dachfirst schwebt der Haus- und Erdkörper

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Am Eiffelturm hängt ganz Paris

_/\_


Der Turm einer gotischen Kathedrale greift nach Raum, der von oben herabfällt wie ein Katarakt.   

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Raum ist eine der Schwerkraft entgegengesetzte Kraft, an der alles hängt und sich so verräumlicht. Architektur als Raumkunst hängt und verräumlicht sich so und unser ganzes Verhältnis zum Boden, der an ihr hängt.Architektur will uns überreden zum Raum, verräumlichen, von der Schwerkraft befreien, entkörperlichen, vergeistigen, transzendieren. Architektur als Raumhaken.Wir selbst hängen wie der thailändische Buddha an seinem Schopf, an ihm der Kopf, der Rumpf und darunter die Erde.Verräumlicht ist alles ein Herabschweben, fallen, selbst vorwärts, weil der Raum kein Widerstand ist.Der Raum von oben, das All, entkörperlicht und vergeistigt uns. Architektur als die Kunst mittels der Materie den Raum zu gestalten, den Übergang, das Verhältnis zu definieren, Raum werden.


Organisches Raumgefüge

Beim Fahren durch eine hügelige Landschaft ergänzen sich Berg und Tal und Wald und Wiese und Ort und Natur und so immer fort.
°^~O

Aufeinander bezogene Teile, die sich zu einem endlos fortschreitenden Erlebnis fügen, dem subjektiven Zeitraumgefüge. Erst die Zerlegung führt zum Prozess. 


 Alles wird zum Teil endlosen Fügens

Man selbst wird Teil endlosen Fügens,

je gegensätzlicher, um so inniger.





Friedrich Hegel, zerlegt Denken als dialektischen Arbeitsvorgang in den Dreischritt These- Antithese- Synthese. Dieser bildet gleichzeitig den demokratischen Zerfall in Parteiungen und deren Einigung ab. Moderne als spätes Kind des Idealismus. Die Zerlegung als in ein organisches Zueinander funktional aufeinander bezogener Teile.

Das technische Gefüge als Analyse in Form einer Zerlegung in aufeinander bezogene Teile und deren Synthese in Form ihres Zusammenwirkens. Etwa in einem Tragwerk von Richard Rogers oder Günter Behnisch die so Ausgangspunkt eines organischen Erlebens der Landschaft werden. 

Die organische Ergänzung von Masse, Raum und Linie wie beim Bauhausgebäude in Dessau (siehe unter Aphorismen).
Die Funktionalisierung und Spezialisierung der Gebäudetypen und die funktional aufeinander bezogenen Teile einer Stadt.
Moderne, als offenes Gefüge im Gegensatz zum Körper als ein geschlossenes Gefüge, bei dem nichts hinzu- oder wegnehmbar ist. Auch gegenüber der organisch gerundeten Geschlossenheit. Gestaltung als offener Prozess wie das Leben und ziellos wie die Zeit. Der Weg als Ziel in Form von Straßen und Autobahnen, aber auch durch Dekonstruktion zum Gefüge wegorientierter Architektur.Das bewusste Kontrastieren von Alt und Neu als zeitliche Organik der Analyse und Synthese, dem Zeitraum woraus wiederum ganze Stadtbilder ihren Reiz beziehen. Das Fortschreiten des dialektischen Prozesses, der zum Fortschritt wird, zum Prozess der Moderne.Der Zwei-, Drei-, und Vierklang der bemusterten Materialien, etwa bei den Bauten Härings und Scharouns. Bei der Berliner Philharmonie auch das aufeinander bezogene Zusammenwirken von Foyer und Konzertsaal. Kontrast bildet hier jeweils die Eigenschaft, als Ergebnis des Eins-Werdens, dem Raum werden, der Entgegenständlichung. 



Zusammenfassung aller drei


Die Situationen in denen wir uns befinden:                im All, 

                                                                                           auf der Erde, 

                                                                                           zwischen den Dingen.


sich geistig im Raum verorten:                                         sein           \          /
                                                                                            hängen            ^
                                                                                               fügen      <           >

                                                                                                                                                                                   wikimedia.org




auf der Erde       zwischen Sternen        im All 

   )-        o °   . O          
da ist das All    >    ich bin im All    >   ich bin All

 

 



Alle Drei Elementarerfahrungen lösen auf Grund von Kräften Bewegung aus: 

die zentrifugale Expansion ins All

das vertikale Auf-Ab der Schwerkraft

das immer weiter im organischen Raum, das Fließen

Raum ist Leben und so unsere Wesensspiegelung jenseits unserer Gebrauchswahrnehmung im Gegenüber.


 

Ganzheit reduziert zu Zeit und Raum
Die ganzheitliche Perspektive eint Zeit und Raum, Mikro- und Makrokosmos, die die subjektive Perspektive nicht zusammenbringt.

 

GANZ Zeit RaumHEIT 

    Mikrokosmos                                                                                                                 Makrokosmos    


 


 



Moderne ist Reduktion des Ganzen 

zum less is more, 

dem Fragment.



Genesis des Raums:

300 000 Jahre nach dem Urknall hat sich Raum und Masse entmischt, wurde durchsichtig. Seitdem führt das endlose Sternengefüge in den Raum.

Dem Geistigen und dem Materiellen in der Schwebe                                                        o   

aus der wir in die Schwerkraft fallen, hängen.


Die Schwerkraft trennt Raum vom Gefüge

Gravitation als Wechselwirkung zwischen Masse und Raum. 





Raum/Geist
T   e   i    l
Erd -Körper









Mies van der Rohe geht vom Raum aus, unterteilt, subtrahiert, reduziert  -  Scharoun vom Einzelnen, fügt es organisch addierend . Zwei entgegengesetzte Prozesse und Perspektiven, die sich in der Schwebe halten.